In diesen Tagen wird Lissabon zur Metropole für junge Menschen aus der ganzen Welt, die bis Sonntag, 6. August 2023, gemeinsam feiern, beten und diskutieren. Auch Davoser Jugendliche sind dabei.
Alle paar Jahre richtet die katholische Kirche nämlich den Weltjugendtag als grösstes internationales Jugendevent aus. Zuletzt in Panama, Polen, Brasilien und Australien. Die Organisatoren in Portugal erwarten rund eine Million junge Katholiken aus aller Welt. Erstaunliche Zahlen angesichts des Bedeutungsrückgangs von Kirche und Religion, zumindest in Mitteleuropa. Während hier vor allem über das Versagen kirchlicher Institutionen in der Vergangenheit debattiert wird, steht in anderen Teilen der Welt die Zukunft einer glaubwürdigen Gesellschaft und Kirche im Fokus. Gerade dafür engagieren sich auch Jugendliche.
In sozialen Medien twitterte Papst Franziskus: «Jugendliche aus der ganzen Welt, die sich Einheit, Frieden und Geschwisterlichkeit wünschen, fordern uns bei diesem #WJT heraus, ihre Träume vom Guten zu verwirklichen. Sie sind nicht auf der Strasse, um ihre Wut herauszuschreien, sondern um die Hoffnung des Evangeliums zu teilen».
Von Heiligen Messen bis hin zur Lichtshow mit Elektromusik - die Teilnehmenden eint das Ziel, in diesen Tagen den Glauben zu leben, sich untereinander als weltweite Gemeinschaft zu begegnen und mit neuem Schwung in ihre Gemeinden zurückzukehren. «Die Kirche braucht junge Leute, damit sie nicht alt wird», betont der Papst. «Wenn die Kirche zu einer Sache für alte Leute werde, dann werde sie sterben».
Entsprechend gleicht die erfrischende Atmosphäre beim Weltjugendtag einem internationalen Sportevent oder einer friedlichen Grossdemo. Unbeschwert und vertraut kommt es immer und überall zu Begegnungen. Geschlafen wird in Turnhallen, Schulen oder Gastfamilien; eine Nacht verbringen alle gemeinsam zu einem Nachtgebet mit eucharistischer Anbetung auf freiem Feld, bis am Sonntag die grosse Abschlussmesse gefeiert wird. Im Zentrum steht in diesen Tagen nämlich Jesus Christus! Man spürt, dass der Glaube auch noch vielen anderen jungen Menschen wichtig ist.
Angesichts von Kriegen und Konflikten sowie dem dadurch ausgelösten Leid sparte Papst Franziskus beim Staatsakt vor der internationalen Politik nicht mit Kritik an Europa, das es an Anstrengungen zur Lösung der Probleme der Welt mangeln lasse. «Wohin steuerst du, Europa, wenn du der Welt keinen Friedenskurs vorschlägst, keine kreativen Wege, um den Krieg in der Ukraine zu beenden und die vielen Konflikte, die die Welt mit Blut beflecken? », fragte er. Vor allem das Fehlen eines mutigen Friedenskurses sei spürbar. Es werde mehr Geld in Waffen investiert, als in die Zukunft der Kinder und Jugendlichen. Europa müsse sich ausserdem seinen Problemen stellen, sagte er. Es scheine ihm, dass die «weltweiten Ungerechtigkeiten, die Kriege, die Klima- und Migrationskrisen schneller voranschreiten als die Fähigkeit und oft auch der Wille, diesen Herausforderungen gemeinsam entgegenzutreten», so Papst Franziskus.
Er träume stattdessen von einem «Europa als dem Herzen des Westens», das seinen Einfallsreichtum dafür einsetzt, um Kriegsherde zu löschen und Hoffnungslichter zu entzünden. Der Kontinent könne ein Treiber für die weltweite Öffnung sein, die auf der Welt gebraucht werde. Die Welt brauche Europa, das wahre christliche Europa, als Brückenbauer und Friedensstifter.
In seiner mehrfach von Applaus unterbrochenen Eröffnungsrede lobte Franziskus die europäische Diplomatie nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie habe den Traum verwirklicht, «mit dem Feind von gestern das Morgen zu bauen sowie Wege von Dialog und Integration zu eröffnen». Sie sei in der Lage, «selbst die schwächsten Zeichen von Entspannung zu erkennen und zwischen den krummsten Zeilen zu lesen».
Zugleich mahnte Franziskus, dass heute menschliches Leben vor dem Wegwerfen geschützt werden müsse: ungeborene Kinder, Senioren und Migranten. Wörtlich sagte er: «Wohin steuert ihr, Europa und Westen, mit der Ausgrenzung älterer Menschen, den Mauern mit Stacheldraht, den Massakern auf See und den leeren Wiegen? Wohin steuert ihr, wenn ihr angesichts des Leidens im Leben (...) falsche Heilmittel anbietet wie den einfachen Zugang zum Tod»?
Wenn in diesen Weltjugendtagen rund eine Million Jugendliche für eine bessere Welt und Zukunft eintreten, beten, glauben und das Leben teilen, ist dies ein gewaltiges Hoffnungszeichen: Das Gute in der Kirche Jesu Christi und dadurch in der Welt hat Zukunft, durch dich und mich!
Mit herzlichen Segenswünschen!
Dekan Pfarrer Kurt B. Susak
Katholische Kirche Davos