Freie Fahrt auf der Strasse des Glaubens

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Die Karwoche steht vor der Tür. Kürzlich sagte mir eine befreundete Mutter, sie freue sich, über Ostern für ein paar Tage mit ihrer jungen Familie wegzufahren. Sie hoffe nur, dass sie nicht wieder so lange im Stau stehen. Das wünsche ich ihr auch.

Man kann die österlichen Festtage natürlich auch anders verbringen. Statt stundenlang im Stau zu stehen, könnten die Tage auch einmal so verbracht werden, wie sie ursprünglich gedacht waren: als staatlich geschützte kirchliche Feiertage einer christlichen Gesellschaft, die sich in diesen Tagen der uralten religiösen Wurzeln ihrer Geschichte und Kultur von Neuem bewusst wird. Nicht nur die Umwelt und das Klima hätten Freude daran. Denn wenn die christlichen Feiertage in einem Land nicht mehr gefeiert werden, dann verliert die Gesellschaft jegliche Legitimation dazu. Dann wird der Karfreitag und Ostermontag zum Arbeitstag der Erhöhung des Bruttosozialprodukts, um die Massnahmen des Klimawandels und die Schulden von Bankenpleiten zu finanzieren. Aber dann würden wir verlieren was wir sind. Denn wer nicht weiss woher er kommt, der weiss auch nicht, wohin er geht.

So erging es auch einem Forscher in der Stadt Arezzo. Als aufgeklärter junger Mann, welcher der Kirche argwöhnisch gegenüberstand, entdeckte Gian Francesco Gamurrini im Jahr 1884 eine uralte Handschrift aus dem 11. Jahrhundert. Diese Handschrift überliefert einen frühen Reisebericht, der von einer Ordensfrau oder Äbtissin stammt, die im 4. Jahrhundert (vermutlich 386) eine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternahm, um dort die Heilige Woche und das Osterfest mitzufeiern. Aetheria, so ihr Name, berichtete ausführlich über die Reise und die liturgischen Feierlichkeiten, um ihre Mitschwestern darüber zu informieren. Dieser Bericht der Aetheria ist in der Forschung zu einer wichtigen Quelle geworden, die uns in vielen Einzelheiten davon berichtet, wie vor 1600 Jahren die Heilige Woche in Jerusalem gefeiert wurde. Wenn wir diese alte Quelle betrachten, dann können wir eine erstaunliche Entdeckung machen: Alle wesentlichen Elemente, die noch heute die katholische und orthodoxe Liturgie der Karwoche und des Osterfestes ausmachen, sind auch vor 1600 Jahren schon vorhanden. Damals wie heute bildet der Palmsonntag das Tor zur Karwoche. Der heilige Augustinus sagt, dass wir in dieser Heiligen Woche die grössten Geheimnisse unseres Glaubens feiern, die Geheimnisse des leidenden, gekreuzigten, begrabenen und auferstandenen Herrn Jesus Christus. Dieses Herzstück unseres Glaubens wird nicht an einem einzigen Tag gefeiert: Es ist eine ganze Reihe von Tagen, an denen wir den Weg mitgehen, den Christus von der Leidensnacht bis hin zur Herrlichkeit der Auferstehung geht, den Weg, den die Kirche auch das „Pascha Domini“, den Vorübergang des Herrn, nennt.

Der Palmsonntag mit der Palmprozession (öffne dein Herz für den Herrn), der Gründonnerstag mit der Festmesse vom Letzten Abendmahl, in der der Einsetzung der Eucharistie (Heilige Messe) und des neutestamentlichen Priestertums gedacht wird, mit der anschliessenden Passionsnacht des Gebetes und Innehaltens (Tut dies zu meinem Gedächtnis), der Karfreitag mit seiner eindrucksvollen, uralten Liturgie des Leidens und Sterbens Christi (im Tod ist das Leben – Verwandlung) und der Tag der Grabesruhe des Herrn, der Karsamstag (hinabgestiegen in das Reich des Todes) – sie alle bilden Stationen auf dem österlichen Weg, der schliesslich in den grandiosen Jubel der Feier der Osternacht mit dem Hochamt am Ostersonntag einmündet (Jesus lebt – mit ihm auch Ich – Halleluja!).

Das Eigentliche und Wesentliche des Christseins wird hier jedes Jahr neu vollzogen und vergegenwärtigt sich. Es bedeutet: Mit Christus zu gehen, ihm nachzufolgen, indem wir unser Leben neu nach ihm ausrichten und eine „Umgestaltung in Christus“ erfahren.

Bewegt und innerlich berührt, kehrte Gian Francesco Gamurrini damals von seinen Forschungen zurück. Und er, der bis anhin ein kirchenferner und oberflächlicher Christ war, nahm sich vor, die drei Heiligen Tage mit der der Abendmahlsmesse, der Liturgie des Karfreitags und der Feier der Osternacht doch einmal in seiner alten Dorfkirche mitzufeiern. Das, was er entdeckt hatte, spiegelte sich in den liturgischen Feiern wieder und er verstand: Man kann wissenschaftlich forschen, unentwegt unterwegs sein und suchen, man kann die Fehler einer Kirche beklagen aber auch all das Gute, dass durch Christinnen und Christen geschieht erkennen. Man kann sich einlassen auf das Wesentliche und die Essenz des Christentums, und dabei so viel grosses, schönes und spirituelles entdecken, dass sich Leben wunderbar verändert.

Wo immer sie über die österlichen Tage unterwegs sein werden: Ich wünsche Ihnen keinen Stau, sondern freie Fahrt. Freie Fahrt, um dem Geheimnis des Glaubens in diesen österlichen Festtagen nachspüren zu können. Denn mit der Auferstehung Jesu ist uns erlösende Wirklichkeit geschenkt!

Mit herzlichen Segenswünschen!

Dekan Pfr. Kurt B. Susak, Kath. Kirche Davos

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Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, der den «Kleinen Prinzen» verfasst hat, warnte einst: „Wenn Menschen gottlos werden, dann sind Regierungen ratlos, Lügen grenzenlos, Schulden zahllos, Besprechungen ergebnislos, dann ist Aufklärung hirnlos, Mode schamlos, sind Politiker charakterlos, Christen gebetslos, Kirchen kraftlos, Völker friedlos, Sitten zügellos, Verbrechen masslos, Konferenzen endlos und Aussichten trostlos.“

 

 

Altwerden heisst nicht allein sein – sondern gemeinsam unterwegs bleiben.

Es ist ein wunderschönes Bild: Etwa 80 Kinder und Jugendliche engagieren sich in unserer Pfarrei das ganze Jahr über als Ministrantinnen und Ministranten. Bei Hochfesten und speziellen Anlässen gesellen sich noch die älteren und grossen Ministranten dazu, die bereits im Studium oder in der Lehre sind.