Endlich: nach einer ungewöhnlich langen Zeit der Sedisvakanz hat Papst Franziskus nun persönlich entschieden. Der neue Bischof der Diözese Chur ist der Arzt, promovierte Theologe, Diözesanrichter (Offizial) und Domherr Joseph M. Bonnemain. Wurde er an der Bischofswahl durch das Churer Domkapitel im vergangenen November zwar noch abgelehnt, ist er nun doch der neue Oberhirte im Bistum. „Roma locuta, causa finita“ - Rom hat gesprochen, die Sache ist erledigt! Die Reaktionen in den Medien von Zürich, über die Urschweiz bis ins Bündnerland, sowie im SRF, haben etwas Frühlingshaftes an sich. Sie sind durchwegs positiv. Das darf uns freuen - wir haben schon andere Zeiten erlebt!
Man darf gegenwärtig spüren, welche innere Kraft die katholische Kirche sich in all den Jahren bewahrt hat und welche Kraft sich nun wieder von Neuem entfaltet. Es ist die Kraft, dem Glauben einen neuen Esprit zu verleihen. Die Kraft, das Schöne und Grosse der 2000-jährigen Glaubensgeschichte – bei allem Fehlverhalten einzelner ihrer Glieder – lebensbejahend an die kommenden Generationen weiterzugeben. Diese Kraft entspringt aus der sakramentalen Gegenwart des Herrn durch und in allen Stürmen der Zeitgeschichte. Es ist jene Kraftquelle aus der wir, gerade in diesen Tagen der Vorbereitung auf die Feier des Hochfestes des Lebens (Ostern), als Kirche leben. Im Tod des Gottessohnes ist das Leben! Und diese lebendige Gegenwart unseres auferstandenen Herrn Jesus Christus im mystischen Leib der Kirche ist die Kraftquelle, aus der wir Christen für unser Leben jene positive Verwandlung im Geheimnis des Glaubens empfangen, die vereint, heilt, ermutigt und stärkt.
In seinem Grusswort an alle Frauen und Männer im Bistum Chur schreibt Joseph M. Bonnemain unter dem Titel „IMPFUNG DER GESCHWISTERLICHKEIT UND HOFFNUNG“: «…Wir durchleiden Spannungen, Spaltungen, Polarisierungen. Wir sehen das auch in der Kirche, auch im Bistum Chur. Es sind Spannungen, Spaltungen, Polarisierungen, die wir uns – Gott weiss es – wahrhaftig nicht leisten können und die uns daran hindern, mit vereinten Kräften diese Impfstoffe zu suchen, die wir uns alle wünschen. Ja, die Menschen brauchen Geschwisterlichkeit und Hoffnung, gerade heute. Und sie erwarten – völlig zu Recht – dass die Kirche hier ein Vorbild ist und Wege der Geschwisterlichkeit und Hoffnung aufzeigt. In den letzten Jahren hat man viel gesagt, gesprochen, geschrieben - ja zu viel. (…) Vielmehr möchte ich handeln: es gibt viel zu tun…», so der neue Bischof.
In der Tat: „Es gibt viel zu tun“! In einer Zeit, die uns in unserer christlichen Identität, die uns wirtschaftlich, auch als spürbar verletzliche Gesellschaft und als Kirche ausserordentlich herausfordert, gilt es mehr denn je, die Kräfte zu bündeln und miteinander den Weg der Zukunft zu beschreiten. Vorbei ist die Zeit extremer Maximalforderungen einzelner individueller Interessengruppen, vorbei ist die Zeit kirchenpolitischer Polarisierungen zwischen Konservativen und Progressiven, vorbei ist die Zeit von Missgunst, übler Nachrede, von taktischen Spielchen und Neid. Was unsere Zeit und Kirche dringend braucht ist das Verbindende, die Einheit in aller Vielfalt. Immer dann, wenn die katholische Kirche sich auf die Kraftquelle dieser Einheit in Christus konzentriert hat, war sie in der Lage, neu aufzublühen. Darauf weist auch Papst Franziskus hin. Er legt seinen Akzent auf die innere Entwicklung und Erneuerung der Kirche: „Ecclesia semper reformanda“, die Kirche, die immer neu zu reformieren ist! Die Besinnung auf das Wesentliche, auf die Botschaft Jesu, bedeutet nach seinen Worten nicht, mit allem zu brechen; aber Taufscheinchristentum und rein formelle Frömmigkeit nennt er den falschen Weg. Statt einem „starren Hängen an Normen und Gesetzen“ verlangt der Papst Wachsamkeit für das, was er die „wirksame Gegenwart des Herrn“ nennt. Diese „wirksame Gegenwart des Herrn“ neu zu entdecken, kann ein guter Impuls während der Fastenzeit sein, damit die Feier der Heiligen Woche für unseren Glauben eine „Frischzellenkur für die Seele“ werden kann.
Es wird Frühling! Es ist Aufbruchsstimmung! Es ist Zeit, wieder dabei zu sein und mitzumachen! Zeit, die Gesellschaft, Kirche und uns persönlich, mit der positiven Option gelebten Christseins «zu impfen»!
Diese Glaubens- u. Lebensfreude wünschen ich Ihnen, Ihren Familien, den Kranken und Senioren. Wer die Tage der Fastenzeit bewusst nützt und nicht nur auf Schokolade oder Alkohol verzichtet, sondern vielmehr auf Ärger, Neid, Hass, Hetze, Angst, Missgunst und Selbstverwirklichung, dem steht einer tiefen Glaubenserfahrung bei der Mitfeier der österlichen Geheimnisse nichts im Wege. Machen wir es wie die Natur. Im Frühjahr wird alles verwandelt und neu. Das Alte keimt zu neuem Leben auf!
Dekan Pfr. Kurt B. Susak, Kath. Kirche Davos