Nietzsche, Erlösung und ein glücklicher Pfarrer

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Eigentlich hätte er es wissen müssen. Denn Nietzsche wuchs in einem evangelischen Pfarrhaus auf. Nach seiner Konfirmation besuchte er bis zum Abitur ein kirchliches Internat in Naumburg. Aus nächster Nähe hat er den protestantischen Glauben und christliches Leben in seiner Jugend miterlebt. Überzeugt hat ihn dies alles offensichtlich nicht. Im Gegenteil: Später wurde er einer der leidenschaftlichsten Bekämpfer des Christentums. 

Die Bemerkung Nietzsches, dass die Christen erlöster aussehen müssten, stimmt vielleicht. Gerade haben wir Ostern gefeiert: wir sind von Gott durch Jesus Christus erlöst! Jesus lebt – mit ihm auch ich – Halleluja! Die österliche Festzeit, die bis Pfingsten dauert, lädt uns ein, als Erlöste bewusst zu leben. Das Mysterium der Erlösung ist ja das Kerygma unseres Glaubens. Das Kerygma bezeichnet die nachösterliche Perspektive des Glaubens, die um die Tatsächlichkeit der Auferstehung Christi weiss. Wenn ich dieses Faktum in meinem konkreten Glaubensleben verinnerliche, beginnt die Frucht der Erlösung in mir Raum zu nehmen und innerlich nachzuwirken. Die Tatsache und das Bewusstsein, dass ich von Sünde und Tod erlöst bin, verändert dann tatsächlich die Wahrnehmung der vergänglichen menschlichen Existenz. Demzufolge dürften, ja müssten Christen durchaus erlöster leben und aussehen, wenn diese Erlösung nachhaltige Konsequenzen für mein Leben hätte. 

Der Erlöste lebt als Erlöster aber nicht ohne den Blick auf die Realität des Unerlösten in der Welt. Bei allen aktuellen Herausforderungen, Fragen und Problemen in Kirche und Gesellschaft bleibt jedoch wahr: wir sind erlöst! Als Erlöste dürfen und sollen wir die Erlösung verkünden, erfahren und leben. 

Dies fällt in diesen Tagen nicht schwer. Bei aller Realität unserer Zeit überwiegt die Freude, als Priester die Erlösung durch Jesus Christus zu verkündigen. Und hier muss ich, weil es mehr als angebracht ist, einmal einen Dank an die vielen Gottesdienstbesucher sagen. Eine Kirche zu erleben, in der alle österlichen Gottesdienste von Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag, der Osternacht, Ostern und Ostermontag so ausserordentlich gut besucht, so eindrücklich gestaltet und alle Alterssegmente wie auch Konfessionen selbstverständlich vertreten sind, das zeigt die gelebte ökumenische Perspektive von Ostern und erfüllt mit dankbarer Freude. Mit Freude darüber, dass den Menschen die Botschaft von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi und damit die Fragen nach der Erlösung gerade heute wichtig sind. Als Kirche müssen wir diese zentralen Glaubensfragen zeitgemäss und nachvollziehbar zu beantworten helfen. Alles andere ist nicht Kernaufgabe der Kirche, besonders nicht an den Tagen der Heiligen Woche. So viele, vor allem auch Jugendliche und Familien, haben mitgefeiert. Ein Jugendlicher schrieb mir am Ostersonntagabend per WhatsApp aufs Handy: «War das schönste und tiefste Ostern meines Lebens». Was für ein erlösendes Glaubenszeugnis! 

Darf man aus diesem Blickwinkel als katholischer Priester auch heutzutage einfach einmal sagen, dass man als Pfarrer glücklich, dankbar und erfüllt ist? Die Erlösung macht glücklich, dankbar und erfüllt – alle die mitmachen und aus dem Geist des Erlösers leben. Von daher bin ich entgegen der Meinung Friedrich Nietzsches überzeugt, dass ungezählte Gottesdienstbesucher nach den österlichen Liturgien nicht nur erlöster aussehen, sondern auch erlöster leben, weil sie begriffen haben, was Christsein bedeuten kann.

Nachfolgend finden Sie die Predigten zum Herunterladen.

Bilder: Beate Rückert

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Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, der den «Kleinen Prinzen» verfasst hat, warnte einst: „Wenn Menschen gottlos werden, dann sind Regierungen ratlos, Lügen grenzenlos, Schulden zahllos, Besprechungen ergebnislos, dann ist Aufklärung hirnlos, Mode schamlos, sind Politiker charakterlos, Christen gebetslos, Kirchen kraftlos, Völker friedlos, Sitten zügellos, Verbrechen masslos, Konferenzen endlos und Aussichten trostlos.“

 

 

Altwerden heisst nicht allein sein – sondern gemeinsam unterwegs bleiben.

Es ist ein wunderschönes Bild: Etwa 80 Kinder und Jugendliche engagieren sich in unserer Pfarrei das ganze Jahr über als Ministrantinnen und Ministranten. Bei Hochfesten und speziellen Anlässen gesellen sich noch die älteren und grossen Ministranten dazu, die bereits im Studium oder in der Lehre sind.