Das populäre Oberhaupt der katholischen Kirche kündigte seinen eintägigen Besuch im Vorfeld als „Reise zur Einheit“ an. Eingeladen hatte der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) anlässlich seines 70-jährigen Bestehens und der Papst hatte die Einladung angenommen.
Das ökumenische Bewusstsein stecke heute in einer Krise. Ökumene interessiere viele nur noch marginal. Durch die „Zersplitterung der Christenheit“, in der fast täglich neue kirchliche Gemeinschaften gegründet würden, werde der Fokus vermehrt auf das Eigene gerichtet. Dabei aber gehe der Wunsch Jesu Christi verloren „ut unum sint – auf dass sie eins seien“. Er habe zudem die Sorge, so Papst Franziskus vor den Spitzen des Weltkirchenrates, der 350 kirchliche Gemeinschaften vertritt, dass Ökumene und Mission nicht mehr so eng verbunden seien wie zu Beginn der ökumenischen Bewegung. Es sei aber eine Frage der „Identität“ des Christen, das Evangelium bis zu „den äussersten Grenzen“ zu verkünden. Mission dürfe dabei nicht bedeuten, sich „entsprechend weltlicher Denkmuster aufzudrängen“. Es sei der Wunsch danach, Jesus Christus zu erkennen, der letztlich für die Anziehung des christlichen Glaubens sorge. Was für eine erstarkte Ökumene wirklich vonnöten sei, betonte Franziskus, sei ein „neuer Schwung bei der Evangelisierung – Christus gemeinsam zu verkünden“. „Ich bin überzeugt“, so der Papst, „dass, wenn der missionarische Schub wachsen wird, auch die Einheit unter uns wachsen wird. Wie an den Ursprüngen die Verkündigung den Frühling der Kirche kennzeichnete, so wird die Evangelisierung die Blüte eines neuen ökumenischen Frühlings kennzeichnen.“
Gleichzeitig würdigte er die Anstrengungen, die in der Vergangenheit für die Ökumene unternommen worden seien. „Wir sind die Nutzniesser des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung vieler, die mit der unbewaffneten Kraft des Evangeliums den Mut hatten, die Richtung der Geschichte umzukehren, jener Geschichte, die uns dazu geführt hatte, uns gegenseitig zu misstrauen und uns voneinander zu entfremden und so der diabolischen Spirale fortdauernder Zersplitterung nachzugeben.“ Ausdrücklich betonte der Papst, dass sein Besuch beim 70. Jubiläum des Weltkirchenrates als Zeichen für den Einsatz der katholischen Kirche „für die ökumenische Sache“ zu lesen sei. Die katholische Kirche ist zwar kein Mitglied des ÖRK, arbeitet aber eng mit ihm zusammen.
Ein wichtiges Merkmal und Motor der Ökumene sei die „Diakonia“, der Dienst an den Benachteiligten im Sinne Jesu, führte der Papst weiter aus. Die „Glaubwürdigkeit des Evangeliums“ werde „durch die Art und Weise auf die Probe gestellt, in der die Christen auf den Ruf derer antworten, die Ungerechtigkeit erleiden und Opfer der „tragischen Zunahme eines Ausschlusses“ seien, der „Armut erzeugt und die Konflikte nährt“. „Die Schwachen werden immer mehr ausgegrenzt, ohne Brot, Arbeit und Zukunft“, brachte der Papst seine Sorge auf den Punkt, „während die Reichen immer weniger und immer reicher werden.“ Dabei müsse man das sehen, „was konkret machbar“ sei, „anstatt uns durch das entmutigen zu lassen, was nicht getan werden kann,“ so der Papst, der den Blick zum wiederholten Mal auf Glaubensgeschwister lenkte, die auf der Welt aufgrund ihres Christseins verfolgt werden. Auf dem Weg der Ökumene gehe uns die „bereits verwirklichte Ökumene“ der „Ökumene des Blutes“ voraus, die uns auffordere, weiterzugehen.
Doch man müsse dabei der Versuchung widerstehen, „bestimmte kulturelle Denkmuster“ zu verabsolutieren und sich „von parteilichen Interessen“ vereinnahmen zu lassen. Die Frage, die man sich angesichts der Not der Welt, aber auch der Not des Glaubens, stellen müsse, sei vielmehr: „Was können wir gemeinsam tun?“ Die konkrete tätige Nächstenliebe und die gemeinsame christliche Verkündigung seien der Weg, so schloss der Papst seine Ausführungen, um „allmählich eine intensivere Geschwisterlichkeit“ zu erfahren. Das Gemeinsame sollen wir gemeinsam tun, die gegenseitigen Unterschiede der kirchlichen Gemeinschaften aber auch respektvoll wertschätzen.
Der historische Besuch des Papstes vor dem ÖRK will uns wertvolle Impulse für den gemeinsamen Weg der Christenheit in die Zukunft mitgeben. Es lohnt, sich auf diesen gemeinsamen Weg einzulassen, weltweit, aber auch hier bei uns, indem wir konkrete Schritte in die richtige Richtung gehen.